Luther und Grimm wortwörtlich
16|06|2016 - 31|10|2016
Sonderausstellung
»Aufs Maul geschaut. Luther und Grimm wortwörtlich« widmet sich mit der Sprache einem Thema, das uns täglich begleitet. Sinnlich und spielerisch beschäftigt sich das Projekt mit Herkunft und Wandel unseres Sprachgebrauchs.
Sie beleuchtet, wie Martin Luther die deutsche Sprache geprägt hat und wie sich dies im Wirken der Brüder Grimm spiegelt. Ihrer jeweiligen Auseinandersetzung mit Sprache ist gemeinsam, dass sie dabei dem Volk »aufs Maul geschaut«, Überliefertes gesammelt und neu geordnet haben.
»Aufs Maul geschaut. Luther und Grimm wortwörtlich« greift elf Wendungen auf, die Martin Luther geprägt hat. »Perlen vor die Säue«, »Buch mit sieben Siegeln«, »Alles hat seine Zeit« und andere bekannte Redensarten wurden ausgewählt und inszeniert.
Die Umsetzung spricht alle Sinne an und fordert das Publikum an unterschiedlichen Stationen dazu auf, selbst aktiv zu werden. Dabei können sie sich des eigenen Sprachgebrauchs bewusst werden, aber auch die Verdienste sowohl Luthers als auch der Brüder Grimm um die Sprache vor Augen führen.
Sie können ihr »Scherflein beitragen« und im SMS-Chat mit Luther kommunizieren, ›Wortperlen‹ und die Entstehung neuer Wörter beobachten, Staub hören und auf diese Weise Sprache erleben. Keiner muss »im Dunkeln tappen«, sondern man kann Erhellendes erfahren und zu bestimmten Zeiten mit persönlichen Begleitern ins Gespräch kommen.
Martin Luthers intensive und innovative Beschäftigung mit Sprache wirkt bis heute. Zum einen ist es seine Übersetzungstätigkeit, die ihn zur Suche nach neuen Ausdrücken und Formulierungen bewegte, die noch heute gebräuchlich sind. Zum anderen ist es auch sein Beruf bzw. seine Berufung: Für seine Predigten sucht und findet er Geschichten und Metaphern, verwendet einprägsame Bilder und Texte zur Vermittlung von Bibelinhalten ebenso wie seiner Gedanken.
Eine dieser Geschichten, die Martin Luther zur Auslegung des Psalms 101 nutzte, fand 1837 Eingang in die dritte Auflage der Grimm'schen Märchensammlung, unter dem Titel »Der kluge Knecht«. Im »Deutschen Wörterbuch« haben sich die Brüder Grimm mit zahllosen Belegen auf Luther bezogen. In einem Bericht auf der Germanistentagung hält Wilhelm Grimm 1848 fest, dass der Sprachschatz, den sie darin dokumentieren, mit Luther beginnen und mit Goethe enden soll: »Zwei solche Männer, welche, wie die Sonne dieses Jahres den edlen Wein, die deutsche Sprache beides feurig und lieblich gemacht haben.«.
Luther erreichte ein hohes Maß an Sprachkraft, Klarheit und Wirkung durch das Ringen um möglichst prägnanten, anschaulichen und alltagsnahen Ausdruck. Er nutzte dafür einen reichen Fundus an Wörtern, Wendungen und Metaphern. So gibt es eine beachtliche Anzahl von Neubildungen, die Martin Luther zugeschrieben werden, wie zum Beispiel »Feuereifer«, »Machtwort«, »Gewissensbisse«, »Lückenbüßer« oder »Lockvogel«.
Diese sprachliche Kraft wurde von den Brüdern Grimm und ihren Zeitgenossen hoch geschätzt und wirkt bis heute. So äußerte sich beispielsweise auch Goethe zu Luthers Bibelübersetzung, deren Wirkung unübertroffen geblieben sei. Viele neu geschaffene Wörter und Wendungen, aber auch bereits bestehende sind durch die Lutherbibel im Sprachschatz über Jahrhunderte hinweg verfestigt worden.
»Aufs Maul geschaut. Luther und Grimm wortwörtlich« widmet sich dieser Prägnanz und sprachlichen Kraft.
»Aufs Maul geschaut. Luther und Grimm wortwörtlich«
Das Projekt »Aufs Maul geschaut. Luther und Grimm wortwörtlich« entstand in Zusammenarbeit mit der Literaturwerkstatt Berlin und ihren Partnern Stiftung Brückner-Kühner (Kassel) und Neue Fruchtbringende Gesellschaft (Köthen). Es wurde von Dr. Friedrich W. Block kuratiert und vom Studio TheGreenEyl (Berlin) realisiert. Die Luther-Dekade zum 500-jährigen Bestehen der Reformation gibt dazu den Anlass.
Gefördert wurde die Ausstellung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.